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Afrika im Musikunterricht - Dissertationsprojekt
Mehr als ein Faszinosum? — Afrika im Musikunterricht: Eine Untersuchung zu interkulturellen Bildungszielen
Zu Beginn der 1990er-Jahre entwickelte sich innerhalb des Diskurses Interkultureller Musikpädagogik eine unverkennbare Popularität afrikanischer Musik, angestoßen durch die Publikation Musik in Schwarzafrika – Arbeitsbuch für den Musikunterricht in den Sekundarstufen (1992) des Musikpädagogen Volker Schütz. Viele Autoren ließen sich zu weiteren thematisch verwandten Publikationen anregen, was nicht zuletzt in eine Vielzahl an Beiträgen in musikpädagogischen Fachzeitschriften sowie in ausgewiesene Themenhefte mündete, die Leserinnen und Leser Unterrichtsmaterialien zu afrikanischer Musik an die Hand geben. Obschon die Popularität in den 1990er-Jahren spürbar wurde, offeriert die akribische Sicht historischer Quellen weiter zurückliegende Ansätze eines musikpädagogisch motivierten Interesses an afrikanischer Kultur und ihrer Musik. Anfang des 20. Jahrhunderts spricht sich der Musikpädagoge Leo Kestenberg für eine Verbindung des Faches Musik mit kulturkundlichen Fächern aus, woraufhin Edgar Rabsch, unmittelbar darauf reagierend, in seinen Gedanken über Musikerziehung (1925) für einen fächerverbindenden Unterricht von Erdkunde und Musik unter anderem afrikaspezifische Literatur über die Gesänge der Tunesier, Madagassen und Wanyamwezi sowie der Ewe, Togoer, Libyer und Somali empfiehlt (Rabsch 1925: 57f., s. a. Cvetko 2013: 185). Darüber hinaus finden sich Lieder des ehemaligen Deutsch-Ostafrika in seinem Schulbuch Musik. Ein Unterrichtswerk für die Schule (21929: 232). Die Omnipräsenz afrikanischer Unterrichtsinhalte seit nahezu einem Jahrhundert geht nicht nur einher mit einer Untersuchung des Kulturbegriffs in der Interkulturellen Musikpädagogik, der bereits umfassend erarbeitet wurde (Barth 2008), sondern ebenfalls mit der Frage, welche pädagogischen Motive und schließlich auch Bildungsziele damals wie heute verfolgt werden.
Im Zentrum dieses Forschungsprojektes steht daher die Erarbeitung von Motiven und Bildungszielen, die in Vergangenheit und Gegenwart im Zusammenhang mit Afrika im Musikunterricht zur Sprache kommen: Welche Ziele werden verfolgt, wenn Afrika zum Unterrichtsinhalt des Musikunterrichts wird? Was sollen die Schülerinnen und Schüler lernen? Lässt sich eine Verbindung zu dem Wunsch nach körperbezogener Vitalität und Energie ausmachen, die laut Schütz afrikanische Musikkultur auszeichnet und von uns „mehr oder weniger bewußt gesucht wird“ (Schütz 1992: 5)? Sind subjektive Motive vorrangig, die sich als Faszinosum zusammenfassen lassen (Erlank 1996: 4), oder wird etwa ein schlechtes Gewissen kompensiert (Stroh 2001: 8)? Oder aber fungiert die Thematisierung von Afrika als „Alibi einer politischen Annäherung“ (Schmidt-Banse 2008: 152)?
Die umfassende Untersuchung gliedert sich in drei Schwerpunkte: Beginnend mit einer historischen Nachzeichnung des Diskurses Afrika in der Musikpädagogik schließt sich die Analyse von musikdidaktischen Materialien zu Afrika an, die sich in Musiklehrwerken der Sekundarstufe I und II einerseits und in musikpädagogischen Fachzeitschriften andererseits finden. Um einen differenzierteren Einblick zu erhalten, werden als drittes Autorinnen und Autoren der analysierten Unterrichtsmaterialien nach ihren Motiven und Zielen interviewt.
Das Dissertationsprojekt von Claudia Cvetko wird gefördert vom Cusanuswerk.